Von Xantens Kolumne – Zeichen und Wunder

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Von Siegfried von Xanten

Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Wobei althochdeutsch doppelt gemoppelt. „Zeihhan“ bedeutet bereits Zeichen, Wunder. Die Erforschung des Götterwillens durch „forazeihhan“ und „hloz“. Und was sagt man in Österreich, wenn man sich wundert?

„Da scheißt der Hund aufs Feuerzeug.“

Indes ist Österreich für Jürgen Wegmann keine Alternative:

„Ich habe immer gesagt, dass ich niemals nach Österreich wechseln würde.“

Auf die Frage, ob er zum FC Basel wechselt.

Ein Vorzeichen, ein Menetekel, ein Sinnbild, der Juwelenraub in Dresden. Deutschland, das Grüne Gewölbe. Ein Gleichnis.

„Was bleibt, ist wenige Stunden später eine vertrottelt dreinblickende Stammel-Runde von Polizei, Staatsanwaltschaft, Museumsverwaltung und Kulturpolitik, die sich in der Pressekonferenz den ungläubigen Fragen der versammelten Journalisten stellt und wortreich zu erklären versucht, dass dem ‚Sicherheitskonzept‘ nach dieser Einbruch doch eigentlich hätte gar nicht passieren dürfen, dass hier alles richtig gemacht worden sei.“

Und das ist nicht zum Lachen:

„Das gellende Lachen verstummte zumal;
Es wurde leichenstill im Saal.

Und sieh! und sieh! an weißer Wand
Da kam’s hervor wie Menschenhand;

Und schrieb, und schrieb an weißer Wand
Buchstaben von Feuer, und schrieb und schwand.

Der König stieren Blicks da saß,
Mit schlotternden Knien und todtenblaß.“

Die Knechtenschaar saß kalt durchgraut,
Und saß gar still, gab keinen Laut.

Die Magier kamen, doch keiner verstand
Zu deuten die Flammenschrift an der Wand.“

Die Frage ist: Wer ist der König? Was sagt Robert Habeck?

„Und die … Oder wird sie dann … Das weiß ich gar nicht.“

Und die Flammenschrift?

„[I]st ein toller Texteffekt, der auf verschiedenen Printwerbemittel wie Flyer, Plakate oder Broschüren ein besonderer Eyecatcher ist.“

Flammenschrift auf Flyer und Plakate. Kasus kreativ. Der Dativ auf Urlaub.

Zeichen. Was sagt der Führer?

„Wenn ich einen Tag nehme: zum Beispiel meinen Geburtstag 1932. Ich hatte in Königsberg in der Masurenhalle gesprochen und dann in fünf Kaffs. Die letzte Kundgebung war um zwei, halb drei nachts. Um fünf habe ich mich in Königsberg niedergelegt, halb neun ging es auf zum Flugplatz. Ein bildschönes Mädel hat mir einen Blumenstrauß gebracht. Ich hab’s für ein Glückszeichen genommen.“

Gut. Aber welchen Inhalt hat denn nun die Flammenschrift?

„Studienfragen für Mein Buch mit biblischen Geschichten“: Gewogen und für zu leicht befunden. In der Kurzform.

Ein „ganz wichtiges Zeichen“ auch die zweite Abschiebung des libanesischen Clan-Chefs Ibrahim Miri:

„Das zeigt, dass ‚unser Rechtsstaat auch leistungsfähig ist, wenn wir alle wollen‘.“

Wunderbar. „Wir sind Rechtsstaat“. Eine Kampagne des Justizministeriums. Für Gleichberechtigung, Pressefreiheit, religiöse Toleranz und gesellschaftliche Vielfalt, für die Unschuldsvermutung und das Demonstrationsrecht. Eine Kommunikationsmaßnahme der Unternehmen: „Made in Germany – Made by Vielfalt“. Ein Schülerwettbewerb: „Wir sind Vielfalt“. Einfalt kann sehr vielfältig sein.

In den vergangenen zehn Jahren wurden in Deutschland etwa 1.400 Hektar Waldfläche gerodet. Für den Bau von Windenergieanlagen. Wie muss man sich die Fläche vorstellen? Zum Beispiel in Fußballfeldern. Ein Hektar gleich ein Fußballfeld. Wobei der Vergleich hinkt. Denn Fußballfelder fallen in der Regel kleiner aus. Das Minimum liegt bei 45 Metern mal 90 Metern, 0,405 Hektar. Das Maximum liegt bei 90 Metern mal 120 Metern. Das häufigste Maß sind 68 Meter mal 105 Meter, 0,714 Hektar. Also ungefähr 1.960 Fußballfelder. Nachhaltiger Umweltschutz. Was weg ist, kann auch nicht mehr schlecht werden.

„Der Zustand der Wälder in NRW hat sich weiter verschlechtert.“

Sagt Ursula Heinen-Esser, Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen. Also weg damit. So wie mit Grimms Märchenwald:

„[E]in märchenhafter Wald voller knorriger, jahrhundertealter Baumriesen, seltener Tiere und sagenhafter Burgen.“

Das älteste Naturschutzgebiet des Landes. Der Reinhardswald. Soll weg. Bevor er noch schlechter wird. Für Windräder. Und zur Auffrischung der CO2-Bilanz. Weniger Bäume mehr CO2. Gibt es noch offene Fragen?

Nein. Aber offene Haftbefehle. Allein in Hessen rund 11.000. Laut Innenministerium. Darunter viel alltägliches deutsches kriminelles Allerlei. Alltag in Deutschland.

„Das zeigt, dass ‚unser Rechtsstaat auch leistungsfähig ist, wenn wir alle wollen‘.“

Und wenn man will, steigt auch die CO2-Konzentration. „Neue Zahlen: CO2-Konzentration nimmt weiter bedrohlich zu“. „Binnen eines Jahres von 405,5 ppm (Teilchen pro Million Teilchen) auf 407,8 ppm“. So „die Weltwetterorganisation (WMO) am Montag in Genf in ihrem jährlichen Treibhausgas-Bulletin.“ 2,3 Teilchen. Von einer Million. 0,00023 Prozent. Ein dramatischer Anstieg. Gemessen vermutlich in einem Windpark, der schlecht gehenden Bäumen Lebewohl gesagt hat. Gut, dass Dyskalkulie bzw. Arithmasthenie zu den im deutschen Bildungssystem geförderten Kernkompetenzen gehört:

„Herr Meier fährt in den Supermarkt und kauft 3 Kisten Mineralwasser. In jeder Kiste sind 12 Flaschen.“

Eine Sachaufgabe. Gesucht: Frage, Rechnung und Antwort:

„Frage: Wieviel muss Herr Meier insgesamt bezahlen?
Rechnung: 12 + 3 = 15
Antwort: Es kostet zusammen 15 Euro.“

Oder sind es Prozent?

Um bis zu 15 Prozent sollen die Strompreise in 2020 steigen. Wobei fast 80 Prozent des Preises nichts mit Stromerzeugung zu tun haben. 2014 zeigte der Monitoringbericht der Bundesnetzagentur einen Anteil von 26,6 Prozent für Erzeugung und Vertrieb, 22,2 Prozent Netzentgelte „sowie 51,2 Prozent staatlich veranlasste Preisbestandteile“ an. Auf einen solchen Euphemismus muss man erst einmal kommen: staatlich veranlasste Preisbestandteile. Stromsteuer, Umsatzsteuer, eine Abgabe und fünf Umlagen.

Das Netzentgelt „finanziert somit die Sicherheit und Stabilität der Stromversorgung.“ Besonders stabil zum Beispiel am 6., 12. und am 25. Juni. Eine Unterspeisung. Zu wenig Strom:

„Nur mit kurzfristigen Stromimporten aus dem Ausland konnte das Netz stabil gehalten werden. […] In der Spitze fehlten sechs Gigawatt an Leistung. Das entspricht in etwa der Leistung von sechs großen Kernkraftwerken. Die Megawattstunde für bis zu 40.000 Euro. Statt für 10 Euro.“

1990 war die Stromwelt noch halbwegs in Ordnung. Und die Kilowattstunde kostete 30 Pfennige. Also etwa 15 Cent. Und beim WM-Finale „[d]amals hat die halbe Nation hinter dem Fernseher gestanden.“

Ohne Abgabe und Umlagen, aber mit reichlich Energie haben sich zwei junge blutüberströmte Männer im Alter von 19 und 22 Jahren in einer Düsseldorfer Klinik vorgestellt und vehement eine sofortige Behandlung gefordert. Dabei wurde unter anderem eine Krankenschwester verletzt, sodass die Polizei gerufen werden musste. Dem Vorfall vorausgegangen war eine Schlägerei vor einem Club, …:

„… bei der einer der beiden jungen Männer eine Flasche gegen den Kopf bekommen haben soll.“

Richtig interessant wurde es, als die Beamten wieder abrückten:

„Als die Beamten wieder weg waren, sollen nach Aussagen des Krankenhauspersonals weitere 15 Menschen – offenbar Angehörige des 19-Jährigen – erschienen sein und sich lautstark sowie einschüchternd verhalten haben. Sie seien anschließend von einer Ärztin aus dem Krankenhaus verwiesen worden. Es soll sich um Mitglieder eines libanesischen Clans handeln.“
„Das zeigt, dass ‚unser Rechtsstaat auch leistungsfähig ist, wenn wir alle wollen‘.“

Und das ist kein Scherz.

Genauso wenig wie „[d]er Hitlergruß-Skandal um Marco van Basten“ bei unseren holländischen Nachbarn:

„Es habe sich um einen ‚falschen Scherz zum falschen Augenblick‘ gehandelt.“

Was hat er denn wo gesagt?

„Im TV hatte sich Marco van Basten über schlechte Deutschkenntnisse eines Kollegen lustig machen wollen. Ausgerechnet vor einer Schweigeminute gegen Rassismus. […] In der Vorberichterstattung zu einer Liveübertragung des Erstliga-Spiels zwischen Ajax Amsterdam und Heracles Almelo hatte er zuvor gut hörbar ‚nicht so gut, Sieg Heil, Pfannkuchen‘ zu Moderator Hans Kraay gesagt.“

Dabei haben die Holländer schon einen ausgewachsenen Rassismus-Skandal an der Backe. Die Partie zwischen dem FC Den Bosch und Excelsior Rotterdam musste unterbrochen werden, …:

„… nachdem Excelsior-Spieler Ahmad Mendes Moreira bei jeder Ballberührung von den Tribünen aus mit Affengeräuschen und Liedern über den Zwarte Piet, eine umstrittene niederländische Weihnachtsfigur mit schwarzem Gesicht, verunglimpft wurde. […] Premierminister Mark Rutte nannte das Verhalten der Zuschauer ‚ekelhaft, wirklich fürchterlich‘.“

Empörend findet der hessische Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, …:

„… dass das Berliner Finanzamt ihrem Verein die Gemeinnützigkeit entzogen hat. Damit verbunden sind nach Angaben der Vereinigung Steuernachforderungen in fünfstelliger Höhe, die noch in diesem Jahr fällig würden. […] Dadurch werde die Organisation in ihrer Existenz bedroht. Nun hat die Vereinigung zu einer Unterschriftenaktion aufgerufen.“

Was ist los in Deutschland und in Europa? Was ist los in der Welt? In Griechenland werden von der Blauen Armee, Galazia Stratia, „Flugblätter mit Parolen wie ‚Albaner raus‘ oder ‚Deutschland über alles‘ verteilt.“ Und in der Ukraine sind „Hakenkreuze, SS-Runen und Nazi-Zahlensymbolik an Stadionwänden ‚normal‘.“ Den ukrainischen Nationalisten-Führer Bandera lässt man hochleben und mit ausgestrecktem Arm wird „Geil Gitler“ gerufen.

Und was Gitler angeht, sind sich Ukraine und Russland sogar einig. Geil Gitler auch in Russland. Aber warum geil? Es gibt in der russischen Sprache kein gesprochenes H. Marco von Bastens Gruß ginge in Russland als „Sieg geil“ durch.

Den Führer-Gruß lässt man sich in Russland auch etwas kosten: 10.000 Schweizer Franken. Die Fifa bat bei der Weltmeisterschaft für ein Banner mit der 88 zur Kasse. Ob die Beteiligten bei zwei oder mehr Bannern relativ gesehen günstiger weggekommen wären, ist nicht bekannt. Günstig für die Bannerträger war jedenfalls die Tatsache, dass der Führergruß nicht als nicht autorisiertes Produkt gilt. Das ist nämlich weitaus teurer, wie Kroatien feststellen durfte. Für nicht autorisierte Getränke-Produkte musste man 70.000 Schweizer Franken zahlen.

Von wegen „Hitler kaputt!“. Auch wenn er in einer russischen Komödie angeblich schon 2008 kaputtging. Und eigentlich ja schon seit 45 in Russland kaputt ist. Obwohl Iosseb Bessarionis dse Dschughaschwili das nie glauben wollte. Der Führer scheint unkaputtbar.

„Hitler geht kaputt“. Eine Parodie auf eine populäre sowjetische Spionageserie: Siebzehn Augenblicke des Frühlings. SS-Standartenführer Olaf Schulenberg ist ein schusseliger russischer Spion, der aus dem Berliner Führerhauptquartier geheime Dokumente beschaffen soll:

„Schulenberg, ein gern gesehener Gast, nimmt an der Weltmeisterschaft im ‚Heil Hitler‘-Gruß teil und legt einen Kosakentanz aufs Parkett.“

Was ihm zum Verhängnis wird. Martin Bormann setzt den gefürchteten „Eisernen Hans“ auf ihn an:

„Dass der Film ein Meisterwerk ist, behauptet außer den Beteiligten niemand. Aber er führt etwas vor, was in Deutschland bis heute unmöglich ist: Ein zwangloser Umgang mit Hitler, Holocaust und Zweitem Weltkrieg.“

Wie auch immer, das Adjektiv geil hat in jüngerer Zeit vollkommen neue Konnotate bekommen. Geil früher umgangssprachlich allein die Bezeichnung für sexuelle Erregung oder deren auslösendes Moment, präsentiert sich in jüngerer Zeit hyperinflatorisch als eine Variante von gut. Die nachpostmoderne deutsche Sprache – alles andere als heil. Verheilung vorerst nicht in Sicht.

Wobei Verheilung dem Russen zur Vergeilung wird. Ein Begriff aus der Pflanzenphysiologie. Bei einem Mangel an photosynthetisch nutzbarem Licht vergeilen die Pflanzen. Aber gut ist das nicht. Eher Ausdruck einer grundlegenden Krise:

„Und für Entscheidungen im Leben, ob in Gesundheit, Familie, Partnerschaft oder Finanzen, sind immer diese Augenblicke während oder nach einer Krise, einer Katastrophe oder eines Krieges die richtigen Momente. Also jetzt prüfen und entscheiden, ob Sie das Rauchen aufhören, Ihre Kinder mehr loben, sich von Ihrem Partner trennen, Geld in Aktien und Immobilien anlegen oder was auch immer, tun Sie es jetzt!“

Das denkt sich auch die Bundesregierung. Das UN-Programm zur Neubesiedlung Europas läuft jetzt auf vollen Touren. Und Deutschland ist ganz vorne mit dabei. Das „Resettlement-Programm zur Umsiedlung von Flüchtlingen aus perspektivlosen Umständen“. Aufgelegt in Kooperation mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR. Ein Programm für Personen, „die weder nach Artikel 16 GG noch nach Bestimmungen des Dublin-Abkommens Anspruch auf Aufnahme in der Bundesrepublik hätten.“

Das lässt man sich eine zusätzliche halbe Milliarde kosten. Für perspektivlose Umstände in Deutschland. „Armut in Deutschland – Wenn es nicht mal für das Nötigste reicht“. Zum Beispiel im Ruhrgebiet, zum Beispiel in Gelsenkirchen. Marode Architektur und Infrastruktur. Verfall gewordener Strukturwandel, auf den seit mehr als 40 Jahren gewartet wird. Die Verschuldung der Kommunen pro Bürger in NRW beträgt durchschnittlich 1.262 Euro. Essen ist mit 1,7 Milliarden Euro im Soll, Duisburg mit 1,3 Milliarden und Dortmund mit 1,4 Milliarden. Sagt die Bordkapelle. Selbst in perspektivlosen Umständen.

Wobei der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier …:

„… bei seinem Besuch im Ruhrgebiet die Arbeit des NRW-Zentrums für Talentförderung in Gelsenkirchen gewürdigt [hat]. Das Zentrum sei ein Symbol für den Wandel, der überall im Ruhrgebiet stattfinde.“

Eine „Tagesreise in die Zukunft“. Der Bundespräsident im Pott, „[u]m zu zeigen, ‚was hier alles gelingt‘“. Genau. Wenn man will, gelingt es, die Städte auch ohne Royal Airforce nachhaltig zu zerstören.

Mit der Sprachtalentförderung der Facharbeiter tun sich Goethe- und Leibniz-Institut noch etwas schwer:

„Nur zwei Prozent [der Facharbeiter] erreichen das gesteckte Ziel im Deutschkurs, über die Hälfte bricht vorher einfach ab.“

Da sind die 1,2 Milliarden Euro, die der Bund 2019 für Sprachkurse zur Verfügung gestellt hat, richtig gut investiert. Mit im Integrationskurs-Paket ein Crashkurs in deutscher Geschichte, in Werten und Gesetzen. Böhmische Dörfer für 98 Prozent aller Facharbeiter. Nichtwissen, „die Eintrittskarte für dieses Land“. Wobei Scheitern als Chance gelten kann. Zum Beispiel im Crashkurs deutscher Geschichte.

Die Automobilindustrie befindet sich bekanntlich auch auf Crashkurs. Audi will deshalb 9.500 der 61.000 Arbeitskräfte freisetzen. Ein breit angelegtes Sparprogramm. Für die Elektrifizierung. Was sagt der Philosoph?

„Immer wenn ich breit bin, werde ich spitz.“

Nichts verstanden, aber alles super. Die böhmischen Dörfer. Eine Redensart, die man benutzen kann, wenn man etwas nicht versteht. So wie etwa Christian Morgensterns Palmström. Entstanden in Zeiten, als das Königreich Böhmen noch zum Hause Habsburg gehörte. Während in den Randgebieten Böhmens, dem Sudetenland, und auf einigen Sprachinseln Deutsch gesprochen wurde, verständigte man sich im Kernland überwiegend tschechisch. Und so blieben Ortsnamen und Bewohner für Durchreisende wie etwa Herrn Palmström oder Herrn v. Korf unverständlich. Die tschechischen Böhmen dagegen sprechen bei gleicher Gelegenheit von „spanischen Dörfern“.

„Palmström reist, mit einem Herrn v. Korf,
in ein sogenanntes Böhmisches Dorf.
Unverständlich bleibt ihm alles dort,
von dem ersten bis zum letzten Wort.“

Und das macht wiederum den Herrn v. Korf verlegen, weil er auch keinen Rat weiß. Im Übrigen hatte er den Herrn Palmström ja auch nur des Reimes wegen begleitet. Das aber ficht den Herrn Palmström nicht an:

„Und er schreibt in seine Wochenchronik: Wieder ein Erlebnis, voll von Honig!“

Erlebnisse ganz anderer Art hat Dr. Holger Maul, Leiter der Geburtshilfe und Pränatalmedizin der Asklepios-Klinik Barmbek. Erlebnisse mit Faustschlägen, Schusswaffen und Stichverletzungen. In den letzten vier Jahren habe es 60 schwere Übergriffe auf das Personal gegeben. Und das seien nur die dokumentierten Fälle.

„Das zeigt, dass ‚unser Rechtsstaat auch leistungsfähig ist, wenn wir alle wollen‘.“

Leistungsfähig auch der Diesel. Als Staubsauger:

„Mit einem modernen Diesel geht das, er filtert den Feinstaub heraus.“

Was hinten rauskommt ist feinstoffmäßig sauberer als das, was für die Verbrennung eingesogen wird. Sagt eine wissenschaftliche Untersuchung. In Auftrag gegeben von der Zeitschrift „Auto, Motor und Sport“:

„Das Ergebnis, wenn auch je nach Typ unterschiedlich deutlich, fasst die Zeitschrift so zusammen: ‚An Tagen mit wenig Feinstaub in der Luft wirkt ein Diesel nur in äußerst günstigen Betriebszuständen wie ein Luftwäscher. An schmutzigen Tagen ist es jedoch umgekehrt: Fast immer profitiert die Luft vom Diesel.‘ An Tagen mit Feinstaubalarm in Stuttgart könnte es also demnächst heißen: raus mit dem Euro-6-Feinstaubsauger aus der Garage, allgemeines Fahrgebot.“

Schön und gut. Aber den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Hirn noch Diesel auf. Verfall und Demontage lassen anschreiben. Auf dem Mietendeckel. Und weil es so schön ist, gibt es bald auch noch den Bodenpreisdeckel. Kritiker dürfen in bester DDR-Manier schweigen so viel sie wollen. Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen habe jegliche …:

„… ‘öffentliche Kritik‘ am Mietendeckel zu unterlassen. Vor allem dürften keine öffentlichen Mittel des Verbandes für ‚Kampagnen‘ gegen ‚öffentliche Vorhaben‘ mehr eingesetzt werden.“

Ein Beschluss des Landesparteitags.

Gut ins Bild passt da die Nachricht, dass der neue Eigentümer der Berliner Zeitung, Holger Friedrich, zu DDR-Zeiten inoffizieller Mitarbeiter war. IM „Peter Bernstein“. Motto: Fehler sind Anfänger. Der Sozialismus ist Profi und produziert Sanierungsstaus und Katastrophen, offizielle und inoffizielle Mitarbeiter.

Stau auch bei einer Wohnungsbesichtigung in Schöneberg:

„Zwei Zimmer, 550 Euro warm, fast 1.800 Interessenten.“

Was soll uns das sagen?

„Um die Massen in Schach zu halten und eine Panik im Treppenhaus zu vermeiden, gab der Hausverwalter Anweisungen über ein Megaphon. Nur Gruppen von etwa 20 bis 30 Personen sollten auf einmal ins Haus gelassen werden.“

Vor 15 Jahren hatte Berlin 65.700 landeseigene Wohnungen an die Deutsche Wohnen verkauft. Nun will man sich das Tafelsilber für lau zurückholen:

„Der Grünen-Bundesvorsitzende Robert Habeck beispielsweise hält Enteignungen prinzipiell für denkbar. Wenn etwa Eigentümer brachliegender Grundstücke weder bauen noch an die Stadt verkaufen wollten, müsse notfalls die Enteignung folgen […]. Das Grundgesetz sehe solche Enteignungen zum Allgemeinwohl ausdrücklich vor.“

Sozialismuslogik. Da helfen auch keine Pillen mehr. Was sagt Ernst Kuzorra?

„Keiner war frei, da hab ich die Pille einfach reingewixt.“

Ob in Bihac Pillen reingewixt werden, ist nicht bekannt, aber es staut sich. Die malerische bis spektakuläre Natur zieht sich über die kroatische Grenze. 20 Kilometer weiter, an den Plitvice-Seen, war Winnetou schon zu Besuch. Wobei das mit dem Besuch heute so eine Sache ist. Kroatische Grenzer haben die grüne Grenze dicht gemacht. Und so stauen sich die Facharbeiter rund um Bihac. 6.000 oder mehr. Wegen der Schleuser-Freundschaftspreise. Und weil es nach Schengen-Slowenien nur 50 Kilometer sind. Und weil Griechenland zeigt, wie man EU-Regeln erfolgreich ignorieren kann:

„Aus diesem Grund, sagt Nusrat, versuchten er, Yusaf und seine Frau es ‚immer wieder‘, über Kroatien nach Slowenien und dann nach Westeuropa zu gelangen. Italien oder Deutschland, das sei ihm eigentlich egal.“

So die Bordkapelle. Hauptsache Deutschland. Das Drama von Bihac. Rührig wird der Peripetie zugearbeitet, auf dass die Busse ins Rollen kommen. „Die Balkan Bustour“:

„Wer hätte das gedacht: […] Es geht um Krieg und Frieden, um Land und Leute, um schöne Bilder und jede Menge Abenteuer: Christian Dassel ist im Land der kroatischen Apachen unterwegs, erlebt Delfine in der Adria, stirbt tausend Tode auf der Tara und genießt den teuersten Käse der Welt. Am Ende bleibt einer auf der Strecke: Der Bus.“

Auf der Strecke geblieben ist auch der E-Scooter-Vermieter Coup. Bosch-Tochter und einer der bekanntesten Elektro-Vermieter-Dienste. Mit 4.000 Rollern aktiv in Berlin, Tübingen, Paris und Madrid. Eine wirtschaftliche Perspektive ist auch langfristig nicht gegeben. Und VW? Setzt radikal auf Elektro. 60 Milliarden Euro für die Transformation. „[M]it aller Entschlossenheit“.

Da passt es gut ins Bild, dass ab 2021 die Stromnetzbetreiber aus mehreren EU-Ländern den Strom für Elektroautos rationieren wollen:

„Zu Spitzenzeiten, also wenn etwa abends alle ihre Stromer zuhause aufladen wollen, droht die Überlastung der Verteilernetze.“

Konsequenz: Die Stromzufuhr wird gedrosselt, der Strom wird rationiert. Dafür darf man ein bisschen mehr Zeit für den Ladevorgang mitbringen.

Muss man nun schwarzsehen? Gute Frage. Jedenfalls sagt eine britische Lehrergewerkschaft, dass jeder schwarz sein dürfen soll. Es müsse den Menschen erlaubt sein, „sich als Weiße oder Schwarze zu identifizieren.“ Der Theaterregisseur Anthony Lennon, Sohn zweier irischer Eltern ist bereits mit gutem Beispiel vorangegangen. Er bezeichnet sich als wiedergeborenen Afrikaner und hat deshalb Kulturfördermittel bekommen, die für ethnische Minderheiten gedacht sind.

Darüber hinaus fordert die Lehrergewerkschaft ein soziales Modell der Geschlechteranerkennung. Das medizinische Modell sei überholt. Das britische Amt für Statistik sagt:

„Es gibt keinen Konsens darüber, was eine ethnische Gruppe ausmacht, und die Mitgliedschaft ist etwas, das sich selbst definiert.“

Mit Glied oder ohne, egal, Hauptsache selbst definiert.

Einen breiten Konsens gibt es in der EU. Der Klimanotstand wurde ausgerufen. Für den Kontinent. Im Visier auch der ständige Wechsel des Parlaments zwischen Brüssel und Straßburg. Es wird zu viel gewechselt. Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen im Vergleich zu 1990 nun um 55 Prozent reduziert werden. Oder besser gleich um 65 Prozent. Wenn es nach den Grünen geht.

Wobei Notstand im Deutschen negativ konnotiert sei. So der CDU-Europa-Abgeordnete Peter Liese. Wegen Machtmissbrauch im Dritten Reich. Klima-Dringlichkeit sei ihm lieber. Aber warum nicht das Kind beim Namen nennen und einen Kombi-Klima-Nazi-Notstand europaweit ausrufen?

Und das Hin- und Herreisen des Parlaments zwischen Brüssel und Straßburg könnte man mit den Rollern des Elektro-Vermieters Coup emissionsneutral gestalten. Eine neue Geschäftsgrundlage:

„Zwölf Mal im Jahr finden die Plenarsitzungen der europäischen Volksvertretung für jeweils drei bis vier Tage in Straßburg statt. Dafür machen sich durchschnittlich 2500 Europaabgeordnete, Assistenten, Dolmetscher, Bedienstete und Lobby- und Medienvertreter […] auf den 430 Kilometer langen Weg in das Elsass.“

Ein Elektro-Wanderzirkus. 2.500 mal 430 Kilometer frische Luft gratis. Aber EU und Rechnen? Kann man vergessen.

Wobei das Bundesverfassungsgericht das Recht auf Vergessen im Internet gerade gestärkt hat:

„[I]n dem Fall, dass eine Tat schon sehr lange zurückliegt.“

Also zum Beispiel 30 Jahre oder etwas mehr. Ein 1982 verurteilter Mörder hatte sich darüber beklagt, dass sein Name immer noch in im Internet verfügbaren Presseartikeln auftauche. Hier kann nun das gerichtliche Vergessen eingreifen. Wobei sich das Recht auf Vergessen auf Ereignisse beschränkt, die nicht älter als 75 Jahre sind. Bei Ereignissen, die älter als 75 Jahre sind, greift das Recht auf besonders gutes Erinnern. Man spricht auch von progressiver Narrativität und kreativer Chronotopologisierung. Oder anders gesagt:

„Die Dinge liegen nicht so einfach. Manche Ereignisse geschehen, sind aber nicht wahr. Andere sind wahr, finden aber nie statt.“

So Elie Wiesel. Erinnerung ist eine Schlampe.

Sicher ist jedenfalls, dass die Bundeswehr eine Hakenkreuz-Wehrmachtsuniform auf Instagram publiziert hat. Ein ärgerlicher „Fall von Gedankenlosigkeit“. Nicht nur das Bild, auch die Beschriftung habe zu Empörung geführt:

„Auch #Mode ist ein Aspekt. Bis heute halten sich militärische Stilelemente in der Haute Couture.“

Mode mit militärischen Stilelementen im Retrolook. Mit den Verantwortlichen werden inzwischen „intensive Gespräche“ geführt. Wer so geschichtsvergessen sei, dürfe „nicht für unsere Bundeswehr posten“. So Marcus Faber von der FDP. Dabei ist es doch gar nicht so schwer. Die Schallmauer zwischen Vergessen und besonders gutem Erinnern liegt bei 75.

Hat der Führer etwas gesagt?

„Ich habe gesagt: Verrückt!“

„[Es] braucht […] nur ein Orkan zu kommen und alles fliegt zusammen wie ein Kartenhaus.“

***

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