US-Geheimdienste: “Beschaffung, Speicherung und Verbreitung“ von Kommunikationsdaten ab sofort legal

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Ein Beitrag vom Nachtwächter am 12.12.2014


Jeder US-Bürger ab sofort im Fadenkreuz der Justiz

Seit dem Bekanntwerden der Umstände, unter denen die NSA die Welt belauscht, ist das Thema Überwachung allgegenwärtig. Was bisher im Geheimen geschah, ist nun in den Vereinigten Staaten von Amerika gesetzeskonform. Das Ausspähen und die Überwachung von unbescholtenen Bürgern, die Verwertung aller zur Verfügung stehenden Daten und die Aufzeichnung und Speicherung aller Inhalte von sowohl schriftlicher, als auch Audio-Kommunikation, ist für die US-Geheimdienste, mit der Verabschiedung des Gesetzentwurfs H.R.4681 durch den US-Kongress, zumindest in Bezug auf US-Bürger, ab sofort vollumfänglich legal.

Dem Kongressabgeordneten Justin Amash aus dem US-Bundesstaat Michigan nach, hat der US-Kongress gerade ein Gesetz verabschiedet, das der Regierung und den Strafverfolgungsbehörden “unbegrenzten Zugriff auf die Kommunikation jedes Amerikaners“ gewährt. Nachdem er festgestellt hat, dass dem Gesetzentwurf vom Senat ein Abschnitt hinzugefügt wurde, der “die Beschaffung, Speicherung und Verbreitung“ aller Kommunikationsdaten amerikanischer Bürger autorisiert, hatte er in einem offenen Brief an seine Kongress-Kollegen um Unterstützung seiner Ablehnung des Gesetzentwurfs gebeten.

Lieber Kollege,

Das Gesetz zur Wieder-Bevollmächtigung des Geheimdienstes, über das der Kongress heute abstimmen wird, enthält eine neue Regelung, die erstmalig per Dekret das Ausspionieren von US-Bürgern ohne rechtliches Verfahren autorisiert.

Gestern Abend verabschiedete der Senat eine abgeänderte Version des Gesetzes zur Wieder-Bevollmächtigung des Geheimdienstes mit dem neu hinzugefügten Abschnitt 309 – ein Abschnitt, den der Kongress niemals prüfen konnte. Abschnitt 309 autorisiert “die Beschaffung, Speicherung und Verbreitung“ von nicht-öffentlicher Kommunikation auch von und mit US-Personen. Der Abschnitt erwägt, dass ohne Gerichtsbeschluss erlangte private Kommunikation von Amerikanern an inländische Strafverfolgungsbehörden zur strafrechtlichen Aufarbeitung weitergegeben werden darf.

Im Klartext heißt das, dass Abschnitt 309 die erste gesetzlich verankerte Berechtigung für die Beschaffung, Speicherung und Verbreitung privater Kommunikation von US-Personen ohne Gerichtsbeschluss oder Vorladung ist. Die Administration mag derartige Überwachung momentan unter Berufung auf Exekutiv-Befehle wie E.O. 12333 durchführen, jedoch hat der Kongress niemals der Nutzung von Exekutiv-Befehlen zugestimmt, um damit private Telefonate, elektronische Kommunikation oder Cloud-Daten aufzuzeichnen und abzuspeichern.

Befürworter von Abschnitt 309 behaupten, dass die Klausel in Wirklichkeit die Macht der Exekutive zur Aufbewahrung privater Kommunikation von Amerikanern einschränkt. Richtig ist, dass Abschnitt 309 außerordentlich schwache Einschränkungen für die Exekutive bezüglich der Speicherung der Kommunikation von Amerikanern beinhaltet. Mit vielen Ausnahmen fordert die Klausel die Exekutive dazu auf, Kommunikation von Amerikanern innerhalb von fünf Jahren nach der Beschaffung zu löschen – obwohl, wie HPSCI [Geheimdienst-Ausschuss des US-Repräsentantenhauses] zugibt, die Exekutive dieses Prozedere bereits in dieser Form handhabt.

Im Gegensatz zu den von der Exekutive bereits befolgten Anforderungen zur Datenbeschaffung, bietet Abschnitt 309 eine neue gesetzlich festgelegte Basis zur Erfassung und Nutzung aller privaten Kommunikation von Amerikanern durch die Exekutive. Der Senat hat die Klausel dem Gesetz zur Wieder-Bevollmächtigung des Geheimdienstes gestern Abend hinzugefügt. So hat der Kongress keine Möglichkeit, die sensitiven, privaten Informationen unserer Wähler zu thematisieren – besonders dann, wenn von uns gefordert wird, die Macht zur Überwachung durch unsere Regierung auszuweiten.

Ich bitte Sie eindringlich, wenn der Gesetzentwurf H.R.4681 dem Kongress heute zur Abstimmung vorgelegt wird, gemeinsam mit mir mit “Nein“ zu stimmen.

Justin Amash
Kongressmitglied

Die Abstimmung ging 325 zu 100 Stimmen für den Gesetzentwurf aus und er wurde somit verabschiedet. Laut Amash ist das neue Gesetz “einer der ungeheuerlichsten Gesetzesartikel, die ich während meiner Zeit als Repräsentant jemals gesehen habe“.

Es ist nunmehr also amtlich, dass US-Behörden jedwede Kommunikation von US-Bürgern ohne richterliche Beschlüsse oder Verfügungen und ohne Verdachtsmoment abhören, speichern und an Strafverfolgungsbehörden zur Ermittlung weitergeben darf. Praktisch gesehen bedeutet dies, dass in den Mega-Rechenzentren der US-Regierungsbehörden nun auch offiziell eine Unmenge an Rohdaten US-amerikanischer Bürger gesichert und elektronisch ausgewertet wird.

Das bedeutet allerdings auch, dass durch unbedachte Wortwahl, also den Gebrauch von sogenannten “Red Flag Terms“, in Telefongesprächen, elektronischer Kommunikation und selbst in der Öffentlichkeit absolut jeder ins Fadenkreuz der Ermittlungsbehörden geraten kann – selbstverständlich auch jeder, der mit US-Bürgern in irgendeiner Form kommuniziert. Wie das Internet-Portal Business Insider bereits im Juni letzten Jahres berichtete, arbeitet beispielsweise die NSA bei ihrer Massenüberwachung mit einer Liste von Schlüsselbegriffen, die als Filter zur Ausfindigmachung von potenziell gefährlichen Personen genutzt wird.

Hier eine kleine Auswahl aus der auf Business Insider veröffentlichten Liste:

Keyhole, Artichoke, Competitor, Supercomputer, $, Rosswell, President, Credit Card, Rebels, Beef, …

Auf Deutsch:

Schlüsselloch, Artischocke, Wettbewerber, Supercomputer, ja – das US-Dollarzeichen $, Rosswell, Präsident, Kreditkarte, Rebellen, Rindfleisch, …

Sollte an dieser Liste auch nur irgendetwas dran sein, dann dürften wohl 99 % aller Nutzer elektronischer Kommunikation regelmäßig rote Flaggen auslösen. Wenn dann noch die Audio-Kommunikation dazukommt (wie das funktioniert: HIER), dann werden die für 2013 ausgegebenen 52,7 Milliarden US-Dollar, allein für den “weißen“ Bereich des US-Geheimdienst-Apparats, vermutlich sehr bald in erheblichem Maße ansteigen.

Wer noch Zweifel daran hatte, dass die USA längst zu einem Polizeistaat gemacht wurde, sollte nun endgültig verstanden haben, dass Orwells Welt in weiten Teilen längst von der Wirklichkeit überholt wurde.

Big Brother is Watching You!

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